Shownotes
- Familiylab - das Familientherapienetzwerk von Jesper Juul
- Vortrag von Axel Burkart, Anthroposoph: Die Heiligkeit des Alterns, des Sterbens, des Lebens nach dem Tod
- Vortrag von Ruediger Dahlke: Die Spielregeln des Lebens
- Podcastfolge 24 mit der Schamanin Anyu
- zu meinem Telegramkanal
Literatur:
- Ruediger Dahlke: Das Alter als Geschenk
- Jesper Juul: 5 Grundsteine für die Familie. Wie Erziehung funktioniert
- Jesper Juul: Dein kompetentes Kind
Wenn Eltern alt werden ...
Ob man die letzten Lebensjahre der eigenen Eltern und Großeltern als bereichernd oder als belastend empfindet, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Vor allem davon, ob die Beziehung zueinander geklärt ist. Gibt es noch Verletzungen aus Kindheitstagen, offene Fragen, die aus welchen Gründen auch immer nie gestellt wurden oder gestellt werden durften – wie damals zum Krieg, als die Kinder nur vermuten konnten, dass Papa schlimme Dinge erlebt oder sogar gemacht hat und Mama womöglich Gewalt angetan wurde, es in der Familie zu einer Schweigespirale kam und die Kinder stets bemüht waren, nicht aus der Reihe zu tanzen.
Aber auch in den nachfolgenden Generationen gab und gibt es Tabuthemen und Dank der Epigenetik wissen wir heute, dass es transgenerationale Traumata gibt, die die Beziehungen innerhalb von Familien offensichtlich oder auch subtil belasten können. Je mehr Wunden und Tabus es in einer Familie gibt, desto schwerer wird die Begleitung der alternden Eltern.
In der Folge 60 habe ich mit der Traumatherapeutin Nadja Lasko über Traumata gesprochen und wie man diese für sich heilen kann. Wir haben unter anderem auch darüber gesprochen, dass viel Heilung darin zu finden ist, dass man sich aus der Opferhaltung heraus entwickelt, also nicht darauf wartet, dass die Eltern einen Schritt auf ihre Kinder zu gehen, um die Beziehung zu klären. Denn das können sie oft nicht, weil sie selbst verletzte, traumatisierte Kinder sind. Will ich also meine Wunden tatsächlich heilen, dann darf ich mich aus der Opferhaltung rausentwickeln. Wie sagt man so schön: „Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit“.
Denn wenn ich mich als erwachsener Mensch immer noch als Opfer meiner Kindheit betrachte, sind es nicht die Eltern, Lehrer oder sonst welche Erziehungsberechtigten von damals, die einen im Leben ausbremsen und unten halten, dann sind es wir selbst.
Wir selbst dürfen erkennen, dass wir als Kind oft ohnmächtig waren, doch als Erwachsene sind wir es nicht. Wenn wir uns als erwachsene Menschen immer noch ohnmächtig fühlen, dann sind wir bedürftig und emotional abhängig und somit nicht erwachsen. Solltest Du zum Beispiel sehr engagierte Eltern haben, die gerne ihren Senf zu Deinen Lebensentscheidungen dazu geben, was Deine Partnerwahl betrifft, wie Du Deine Kinder erziehst, wie Du Dich kleidest oder mit Geld umgehst, über Deine Berufswahl oder Deinen Wohnort und Dich dieses Verhalten verletzt, weil Du schließlich erwachsen bist und von Deinen Eltern erwartest, dass diese Dich als solche respektieren, mit all Deinen Entscheidungen, dann darfst Du selbst für Dich reflektieren, ob diese Erwartungshaltung an Deine Eltern wirklich Deinen Status als Erwachsene bestätigt oder ob es nicht doch eher Deine Bedürftigkeit zeigt. Deine Eltern werden so lange in Dein Leben reinquatschen, wie Du es ihnen gestattest und solange Du auf ihre Anerkennung wartest. Denn genauso lange bist und bleibst Du in ihren Augen bedürftig und bestätigst sie darin, dass Du ohne sie nicht klarkommst.
Eltern geben ihr Bestes
Was ich im Rahmen meiner Entwicklung und Beziehungsgestaltung zu meinen Eltern erkennen durfte ist, dass Eltern immer ihr Bestes geben. Sie lieben auf die Art, wie sie lieben können, genauso wie Du und ich. Und manchmal ist das eine spezielle Sprache der Liebe, die man, wenn überhaupt, nur verstehen kann, wenn man eben die eigene Bedürftigkeit erkannt und losgelassen hat, also die Erwartung an die Eltern, dass sie uns so zu lieben haben, wie wir es brauchen. Stattdessen dürfen wir uns selbst so lieben lernen, wie wir es brauchen. Und es hilft, sich außerdem die Geschichte der Eltern zu vergegenwärtigen, die oftmals auch nicht so leicht war und womöglich zu dieser schwer zu verstehenden Liebessprache geführt haben könnte.
Und wenn Du mir jetzt aus der Elternperspektive folgen solltest, Du also selbst Vater oder Mutter bist, egal ob Deine Kinder noch jung sind oder schon erwachsen, dann möchte ich Dir gerne den Gedanken mitgeben, dass es vor allem Deine Verantwortung ist, wie Eure Beziehung jetzt und in Zukunft ist. Dein Kind ist in ein bereits gegebenes System hineingeboren. Ihr als Eltern habt den Rahmen gegeben, ihr habt dem Kind Eure Werte und mehr oder weniger hilfreichen Glaubenssätze vermittelt, ihr habt entschieden, was geht und was nicht. Das Kind hat sich eingefügt. Ihr habt agiert und das Kind hat darauf reagiert, und zwar immer auf eine Weise, die sein eigenes Leben schützt und Euch als Eltern zufrieden stellt. Denn zufriedene Eltern sind für ein Kind überlebenswichtig. Nicht immer ist es dem Kind gelungen Euch zufrieden zu stellen, weil ihr womöglich Erwartungen hattet oder habt, die das Kind nicht erfüllen kann oder konnte, aber es hat immer sein Bestes gegeben, genau, wie Ihr Euer Bestes gegeben habt als Eltern.
Wenn Du Dich reflektierst und bemerkst, hm, ja, ich mische mich z.B. tatsächlich oft in das Leben meiner Kinder ein, obwohl sie erwachsen sind, dann möchte ich Dir empfehlen, dass Du damit aufhörst und sogar auf Deine Kinder zu gehst und Ihnen sagst, dass es Dir leidtut.
Du wirst erleben, dass sich Eure Beziehung in dem Moment klärt und entspannt. Denn Eltern müssen ihre erwachsenen Kinder loslassen. Das ist der Lauf des Lebens, das ist ein Naturgesetz, Vögel werfen ihre Brut aus dem Nest, wenn sie nicht von selbst fliegen – sie sterben sonst! Eltern, die das nicht tun, halten ihre Kinder bedürftig und vergiften damit die Beziehung. Und Eltern sollten dringend überlegen, ob sie es mit dem Einmischen und Helfen wirklich ganz selbstlos gut meinen oder ob darin nicht ihre eigene Bedürftigkeit steckt, nämlich gebraucht zu werden.
Es ist unnatürlich, wenn erwachsene Kinder ihre Eltern emotional und auch materiell brauchen. Das ist keine Liebe, das ist Abhängigkeit. Das heißt nicht, dass man sich innerhalb der Familie in der Not nicht helfen sollte oder auch vernünftige Vereinbarungen treffen kann, wenn zum Beispiel das Startkapital für ein Eigenheim fehlt und die Eltern etwas auf der hohen Kante haben und das Geld selbst nicht brauchen. Aber dem 38-jährigen Langzeitstudenten immer wieder ein paar Euros zuzustecken oder der alleinerziehenden Tochter ungefragt Erziehungstipps zu geben, ist keine Hilfe und auch kein Ausdruck von Liebe.
Wenn Kinder um Hilfe bitten und die Hilfe gegeben werden kann, finanziell oder auch zeitlich, wie die Enkelkinder eine zeitlang zu betreuen, das unterstützt wirklich und kann die Beziehung stärken. Wenn Geld bei den Eltern da ist und sonst nicht fehlt, dann sollten sie es fließen lassen, geschenkt oder als Darlehen, womit auch immer man sich wohl fühlt. Was stört, ist die Erwartung von Dankbarkeit als Geber, das erzeugt Abhängigkeiten und Schuldgefühle beim Nehmer und das vergiftet die Beziehung. Wenn Du hast, dann gib, und zwar bedingungslos - Geld, Zeit, Liebe - oder schaffe klare Vereinbarungen. Wenn Du nichts zu geben hast, dann gib nicht. Ganz einfach.
Im Umgang mit den alternden Eltern ist es zusammenfassend zunächst sehr wichtig, die Beziehung zu klären, am besten dann, wenn die Eltern vor allem geistig noch fit sind. Es ist egal, wer den Anfang macht. Du kannst als erwachsenes Kind für Dich ganz alleine aus der Opferrolle und der Bedürftigkeit aussteigen. Das geht alleine und mit professioneller Hilfe, wie einem Coach oder einem Therapeuten. Um die Beziehung zu meinen Eltern zu klären, habe ich damals z.B. mit einer Familientherapeutin von Familylab gearbeitet. Das Institut Familylab findet man in viele europäischen Städten. Es ist gegründet worden von dem dänischen Pädagogen und Familientherapeuten Jesper Juul. Alleine das Lesen der Bücher von Jesper Juul bringt so viel Klarheit und Versöhnung. Ich habe Dir oben ein paar Bücher verlinkt, die Du Dir vor allem dann durchlesen solltest, wenn Deine Kinder noch klein sind.
Natürlich kannst Du Deine Eltern auch direkt ansprechen und um ein klärendes Gespräch bitten. Meiner Erfahrung nach führt das oft nicht zum Ziel, denn für so ein klärendes, versöhnendes Gespräch braucht es auf der anderen Seite auch die Erkenntnis und Bereitschaft dies zu wollen. Und ob die Eltern dazu bereit sind, ist fraglich, gerade dann, wenn das Verhältnis tatsächlich nicht besonders entspannt ist und viele emotionale Baustellen da sind. Du solltest Dich zunächst fragen, ob Du tatsächlich keinerlei Erwartungen an Deine Eltern hast. Wenn Du nämlich ein bestimmtes Verhalten erwartest, dass sie sich z.B. bei Dir Entschuldigen für ihr Fehlverhalten bei Deiner Einschulung oder Deiner Scheidung, dann bist Du nach wie vor bedürftig, das kann nur schief gehen. Die Enttäuschungsgefahr ist groß.
Von daher ist die Arbeit für Dich an Deinen Themen erfolgsversprechender, um aus der Opferrolle raus zu kommen. Deine Eltern dürfen dann so bleiben, wie sie sind. Du brauchst ihre Bestätigung nicht mehr und kannst selbst sein, wie Du bist und lernen zu Dir zu stehen, dann verletzt Dich auch die Kritik nicht mehr. Und alleine das wird Eure Beziehung zueinander bereits verändern, denn Du hast Dich verändert.
Wenn Eltern Hilfe brauchen
Ich möchte jetzt noch auf die Zeit eingehen, wenn Eltern tatsächlich in die Situation kommen, dass sie Hilfe und Pflege brauchen. Es macht einen großen Unterschied, ob man sich selbst Gedanken macht, wie man die letzten Jahre seines Lebens verbringen möchte, was mit einem passieren soll, wenn man womöglich pflegebedürftig ist und sich dann auch entsprechend frühzeitig darum kümmert, dass man für den Fall der Fälle versorgt ist oder ob man sich darüber keinerlei Gedanken macht und sich darauf verlässt, dass die Kinder oder das System sich dann schon kümmern werden.
Denn auch hier gilt wieder, es ist nicht die Aufgabe von Eltern, ihre erwachsenen Kinder zu betüdeln und es ist auch die Aufgabe ihnen das Leben zu finanzieren oder die Enkel rund um die Uhr zu betreuen. Es ist aber auch nicht die Aufgabe von Kindern, ihre alten Eltern zu pflegen.
Eltern stehen hinter ihren Kindern – immer und nicht umgekehrt. Kinder sollten niemals in die Situation geraten, dass sie zu den Eltern ihrer eigenen Eltern werden. Die Beziehung ist dann nicht mehr in Balance. Eltern verlieren ihre Würde und den erwachsenen Kindern wird eine Bürde auferlegt, die sie in der Regel überfordert. Denn, wenn die eigenen Eltern hilfsbedürftig werden, haben viele Kinder selbst noch eigene Kinder im Haus, die die Aufmerksamkeit zurecht einfordern und man steht noch voll im Berufsleben und hat ggf. selbst schon das ein oder andere gesundheitliche Thema.
Stark pflegebedürftige Menschen fordern viel ein und ich verstehe jeden, der sagt, ich kann das nicht leisten – weder zeitlich noch körperlich noch emotional. Demnach ist es nicht ok, wenn alternde Menschen sich nicht um ihre letzten Jahre bewusst selbst kümmern und anderen die Verantwortung übertragen. Ich habe keine Kinder. Insofern ist das für mich und meinen Mann selbstverständlich, dass wir uns selbst darum kümmern und das nicht erst mit 70. In Zeiten, in denen wir gesund und fit sind, sollten wir der Tatsache ins Auge sehen, dass das Leben endlich ist und es notwendig ist, für die Zeit davor und auch danach Dinge zu regeln. Dazu gehören auch administrative Dinge, wie eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung zu erstellen und auch darüber mit der Familie zu sprechen. Andernfalls stellt der Staat einem im Zweifel einen Vormund und der Partner oder die Kinder müssen entscheiden, ob lebenserhaltende Maßnahmen weitergeführt werden oder nicht. Eigentlich eine unzumutbare Belastung für die Angehörigen.
Wichtige Fragen, wie „Wo will ich leben? Wie will ich leben?“, die Fragen, die ich auch immer meinen Gästen hier im Podcast stellen, lohnen sich frühzeitig zu stellen und zu beantworten. Will man nicht ins Heim, dann könnte ein Mehrgenerationenhaus ein Weg sein oder auch eine Wohngemeinschaft unter älteren Menschen, die sich eine Putz- und Pflegekraft teilen. Es ist wenig sinnvoll, sich solche Gedanken erst dann zu machen, wenn man bereits Gebrechen hat. Denn so eine Wohngemeinschaft lebt vom Miteinander, vom Geben und Nehmen. Kranke Menschen nehmen mehr, als das sie geben, von daher ist es schon hilfreich, wenn man zuvor einige Zeit auch seinen Beitrag für die Gemeinschaft eingebracht hat, bevor man erwartet, dass andere sich um einen kümmern.
Eigenverantwortung für die Gesundheit und das Alter
Natürlich könnten wir uns alle zunächst mal gut um uns selbst kümmern, so dass wir zumindest mal nicht selbstverschuldet zum Pflegefall werden. Wer sein ganzes Leben lang übergewichtig war, der wird mit der Zeit Knie- und Rückenprobleme bekommen und wer zwar schlank aber sitzend durchs Leben gekommen ist, wird auch einen eingeschränkten Bewegungsapparat haben und zu wenig Muskulatur, um die Treppen bis ins hohe Alter rauf zu kommen. Wer sich schlecht ernährt und immer nur seine Routinen pflegt, viel fernsieht, dauerhaft Medikamente einnimmt, der erhöht die Wahrscheinlichkeit dement zu werden. Und das klingt jetzt vielleicht herzlos, aber Menschen mit Demenz sind eine Zumutung. Ist Demenz oder auch Alzheimer heilbar? Ja und vor allem vermeidbar.
In seinem Bestseller „Das Alter als Geschenk“ teilt Ruediger Dahlke einige Studien, die belegen, dass Alzheimer mit einer ketogenen, pflanzlich vollwertigen Ernährung mit guten Fetten, vor allem Omega 3 Fette und mittelkettige Triglyzeride, wie im MCT-Öl von der Kokosnuss sowie Fernsehverzicht nicht nur aufgehalten, sondern auch vorgebeugt werden kann.
Noch wichtiger ist es aus meiner Sicht, sich mit dem eigenen Leben zu befassen. Denn Alzheimer-Demenz bedeutet in der Krankheitsbilderdeutung das eigene Leben zu vergessen, ja richtiggehend auszusteigen – es sind also Dinge passiert, an die man sich aus Selbstschutz lieber nicht mehr erinnert. So etwas nagt an der Seele und kann irgendwann zur Abspaltung führen.
Ich beschäftige mich seit einigen Monaten sehr intensiv mit der Anthroposophie und den Lehren Rudolf Steiners. Hier wird die Lebensbiografie in siebener Schritten beschrieben. Aus der Biologie wissen wir, dass wir auf der Zellebene alle sieben Jahre runderneuert sind. Diese sieben Jahres-Schritte haben auch eine Entwicklungsbedeutung auf der geistigen Ebene. Alle sieben Jahre passiert etwas Wichtiges im Leben. Mit sieben Jahren verlieren wir unsere Milchzähne und bekommen die erwachsenen Zähne, ab dann sind wir Schulreif, was so viel bedeutet, dass wir kognitiv reif sind, uns mit Zahlen und Schrift zu befassen, wir können und wollen uns der Welt mitteilen, uns ausdrücken. Mit 14 Jahren kommen wir in die Pubertät, nicht nur biologisch werden wir geschlechtsreif, wir treffen auch mehr und mehr Entscheidungen für uns selbst und emanzipieren uns vom Elternhaus. Wir werden unabhängig. Mit 21 gilt der Mensch als volljährig, rein biologisch betrachtet sind wir dann voll entwickelt und geistig streben wir jetzt an, unser Selbst zu entwickeln. Dieser Prozess kommt mit 35 Jahren zum Höhepunkt, was viele Menschen in eine Sinnkrise stürzen kann, wenn das Selbst zu entwickeln zwischen Studium, Karriere, vielen gescheiterten Partnerschaften und Familiengründung nicht so recht geklappt hat.
Dazwischen kommt noch das 28. Lebensjahr. Hier beginnt der biologische Alterungsprozess, die Fruchtbarkeit sinkt, die Zellteilung verlangsamt sich und auf der geistigen Ebene reifen wir und stabilisieren uns. Man sagt ja so schön, wer das 27. Lebensjahr überlebt, hat gute Chancen sehr alt zu werden. Ich erinnere da an James Dean, Kurt Cobain oder Amy Winehouse, die es nicht bis zum 28. Lebensjahr geschafft haben, ihr Selbst zu entwickeln und sich im Drogenrausch verloren haben.
Zwischen 35 und 42 Jahren bereitet man die eigene spirituelle Entwicklung vor, die dann ab dem 42. Lebensjahr vollzogen wird und das ist dann auch offiziell die zweite Lebenshälfte. Bei Rudolf Steiner habe ich also tatsächlich diese Zahl gefunden. Und für mich klingt sie stimmig. Auch in der Urprinzipienlehre, die ich von Ruediger Dahlke lerne, heißt es für die zweite Lebenshälfte: es geht um die geistige, spirituelle Entwicklung, loslösen vom Materialismus, Anbindung an die geistige Welt. Weisheit erlangen und es an die jungen Menschen weitergeben.
Also das ist unsere Aufgabe im Alter: nachdem wir uns materiell gut aufgestellt haben in der ersten Lebenshälfte, gibt man in der zweiten Lebenshälfte an Weisheit und Materiellem zurück. Man löst sich vom Materiellen und entwickelt das Geistige. Doch wie läuft es heute in der Regel ab? Kaum jemand nimmt die zweite Lebenshälfte bewusst wahr, außer mit Zipperlein und grauen Haaren und die wenigsten nehmen diese Lebensphase zum Anlass geistige Anbindung zu suchen, Antworten auf essenzielle Fragen zu finden, sein Selbst weiter auszubilden, nach Höherem zu streben, den Sinn des Lebens zu erforschen und ihre erlangten Lebensweisheiten an die Kinder und Enkel weiterzugeben.
Die meisten Menschen bleiben im Materialismus, halten im Job durch und freuen sich auf die Rente und wenn sie etwas mehr Wohlstand angehäuft haben und etwas abzugeben hätten, dann passiert das in der Regel erst nach dem Tod als Erbe. Leider bekommen sie dann nicht mehr mit, was ihre Nachkommen alles Schönes damit machen bzw. hätten machen können in der ersten Lebenshälfte, wenn es genau darum geht, sich materiell etwas aufzubauen. In der Regel produziert der Nachlass ja eher Streitigkeiten unter den Geschwistern, die dann schon selbst im fortgeschrittenen Alter sind und somit eigentlich die materielle Gier selbst überwunden haben sollten. Auch so etwas kann man zu Lebzeiten regeln und im besten Fall sogar Anteil daran haben, wenn die eigenen Kinder, Enkelkinder oder auch Nichten, Neffen oder Wahlverwandtschaften den Wohlstand mehren und sinnvoll investieren, in ein Haus, in eine Weltreise, in ein eigenes Unternehmen, in Weiterbildungen, in die Gesundheit. Natürlich muss immer das eigene Leben abgesichert sein, bevor gegeben wird.
Eigenverantwortlich leben
Meine Message mit diesem Podcast ist immer, dass Du und ich, wir alle uns eigenverantwortlich um uns kümmern sollten. Denn sonst werden wir für andere zu einer Belastung, wenn diese sich um uns kümmern müssen. Das heißt nicht, dass wir niemals krank und hilfsbedürftig werden dürfen. Mir geht es um das Vermeidbare, wenn man das Leben mit mehr Bewusstheit angeht. Chronische Krankheiten, die dauerhafte Einnahme von Medikamenten, Industriefraß, Alkohol, Rauchen, Bewegungsarmut – das ist alles vermeidbar. Unfälle passieren – auch nicht völlig aus dem Nichts – weiß die Urprinzipenlehre, die Astrologie oder auch die Quantenphysik. Ich will damit nur sagen, wenn Du einen Unfall hattest und nun auf Hilfe angewiesen bist, dann hoffe ich, dass Dir von Herzen geholfen wird. Und auch in so einem Fall hilft die Familie lieber, wenn die Hilfe liebevoll und mit Respekt dem Helfenden gegenüber angenommen wird und das alles nicht als selbstverständlich sieht. Und es fällt den Helfern auch leichter zu helfen, wenn man sich so weit wie möglich Räume der Eigenständigkeit zurückerobert und immer den Willen hat, selbst wieder auf die Beine zu kommen,, als wenn man frustriert, mit seinem Schicksal hadernd, sich selbst und anderen das Leben zusätzlich schwer macht.
Hoffentlich passiert nichts!
Es geht mir also nicht darum, alle Risiken im Leben zu vermeiden, damit man bloß nicht krank wird. Ruediger Dahlke spricht gerne in seinen Vorträgen von dem Phänomen, dass die meisten Menschen mit der Vorstellung durchs Leben laufen „Hoffentlich passiert nichts“. Und wenn sie dann in der Therapie sind und sich ihre Krankheitsbilder anschauen dürfen, was die Seelensprache dahinter ist, dann kommt schnell die Erkenntnis, dass etwas passieren muss! Das Leben ist nicht dafür gedacht, es passiv vor einem Fernseher, vollkastoversichert mit Dauerfestanstellung mit immer demselben Frühstück, eben immer in den gleichen Routinen zu verbringen. Das Leben will gelebt und angepackt werden und jeder kann sich glücklich schätzen, wenn ganz viel passiert und da kann auch mal was schief gehen. Wenn etwas passiert, dann passiert etwas mit uns. Wir entwickeln uns weiter, das Leben erfährt neue Richtungen und plötzliche Wendungen. Wir lernen uns selbst und auch die Menschen, die uns wichtig sind, besser kennen. Menschen, die etwas wagen im Leben, scheitern mal und gewinnen mal – beides prägt den Charakter, wie das geschieht, ist dann spannend zu beobachten.
Zurück zu den alternden Eltern. Egal wie sehr man sich als Tochter oder Sohn in dieser letzten Lebensphase engagieren möchte und wie die eigenen Eltern gelebt haben, ob sie gut oder nicht so gut auf sich selbst geachtet haben, ob sie für sich vorgesorgt haben oder alles Dir überlassen, diese letzte Lebensphase Deiner Eltern gehört nicht nur zu ihrem Leben dazu, sondern auch zu Deinem Leben. Und das dürfen wir zunächst einfach so annehmen. Eltern werden alt und oftmals auch krank und dann gehen sie aus diesem Leben, genauso wie wir eines Tages. Wer ein rein materialistisches Weltbild hat, also keine geistige Anbindung hat oder dabei ist, sie zu entwickeln, der erkennt im Altern, im Sterben und im Tod keinen Sinn und tut sich oft schwer mit dem Loslassen der Eltern und die Eltern tun sich schwer im Loslassen vom Leben. Denn der Materialist denkt ja, dass der Mensch der Körper ist.
Der Mensch ist nicht der Körper
Nach allem, was ich über Nahtoderfahrungen weiß, was ich selbst auch über mich erfahren habe, als ich zum Beispiel mal eine Zeremonie bei der Schamanin Anyu erlebt habe, die mir etwas über meine früheren Leben berichtet hat, was Du auch in der Podcastfolge 24 im Interview mit Anyu anhören kannst. Nach allem, was ich bei Ruediger Dahlke über die Urprinzipien und Seelenbilderwelten lernen durfte und auch wieder und vor allem bei Rudolf Steiner und der Anthroposophie gelernt habe, ist mir völlig klar, dass das Sterben nicht das Ende ist, sondern eine Übergangsphase und die Übergangsphase ist unglaublich wichtig. Denn was wir in diesem Leben nicht verstanden haben, das müssen wir im nächsten lernen. Wenn wir es in diesem Leben nicht geschafft haben, unsere Aufgabe zu erfüllen, mit der jeder Mensch inkarniert, dann ist das schmerzhaft. Und ziemlich oft wird das den Sterbenden in den letzten Tagen noch bewusst, was dann sehr quälend für alle Beteiligten sein kann. Das Sterben kann auch sehr leicht und friedlich gehen, wenn das Leben gelebt und diese Anbindung an ein Höheres Ganzes geknüpft wurde.
Ganz gleich, wie es bei den eigenen Eltern stattfinden wird, es wird eine ganz intensive Erfahrung werden, wenn man sich darauf einlässt. Wenn man ja dazu sagt, dass das Leben Übergänge hat und Inkarnationen dazu gehören, um sich weiterzuentwickeln. Dass wir alle unsere Chancen im Leben hatten und viele davon ungenutzt blieben und am Ende dann aber doch alles so gekommen ist, wie es kommen musste. Die eigenen Eltern dabei zu begleiten, kann sehr heilsam sein, es bietet eine unglaubliche Chance sich zu entwickeln und das Wesentliche über das Leben zu lernen und ganz viel Frieden zu schließen in solch intensiven Momenten. Deshalb weiß ich immer gar nicht so genau, was ich mir wünschen soll, wenn ich mir was wünschen dürfte: ein kurzer, plötzlicher Tod, ohne Leiden, aber auch ohne Abschied im Sterbeprozess oder eben lieber dieser Sterbeprozess, wo man wirklich die Mutter und den Vater begleiten kann. So oder so, es ist das Leben und wir dürfen diese Phase bejahen. Und ja, das ist traurig und schön zugleich. Denn es ist das Leben und wir alle können so viel daraus lernen.
Bleibe gesund und bewusst
Deine Isabel
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